ATP-Reagenz und Lamipeel: Zwei neue Präparationsverfahren zur verbesserten Darstellung von Karbonatstrukturen in Auflicht- und DurchIichtpräparaten
Einführung
Zu den klassischen Präparaten der Karbonatstruktur-Untersuchung zählen Anschliff, Dünnschliff und Acetatfolienpeel. Im folgenden werden zwei neue Präparationstechniken beschrieben, durch die sich das visuelle Erscheinungsbild von Karbonatstrukturen in Auflicht- und Durchlichtpräparaten deutlich verbessem lässt.
Das ATP-Reagenz (Acetic Acid-Tensid-Peroxid-Reagenz)
bezeichnet eine modifizierte Feinätzlösung zur Erzeugung von Ätzstrukturbildern. Das ATP-Reagenz basiert auf 2%iger oder 6%iger niedrig dissoziierender Essigsäure, dem Zusatz von Zitronensäure, einem nichtionischen/anionischen Tensid und Wasserstoffperoxid. Das Reagenz bewirkt, dass sich zahlreiche organogene Karbonatstrukturen (z.B. Skelette von Korallen, Stromatoporen, etc.)auch bei niedrigen Ätzzeiten qualitativ von anorganogenen Karbonatstrukturen unterscheiden lassen (z.B. Karbonat der Zemente, Matrix etc.). Die durch Selektivätzung entstandene tiefgründige, gleichmäßige Porosität im Bereich der ehemals organogenen Mikrostrukturen, tritt optisch deutlich als kontraststeigernde Aufhellung am Anschliff bzw. als Abdunkelung im Durchlicht bei Dünnschliffpräparaten in Erscheinung. Diese künstlich erzeugte Strukturvisualisierung wird als Imekra-Effekt benannt.
Die Lamipeel-Konstruktionstechnik
ist ein neues präparationstechnisches Verfahren, das den klassischen Peel zum Lamipeel transformiert. Durch eine spezielle Laminiertechnik wird der durch die peeltechnisch bedingte Schrumpfung verzerrte und wellige klassische Peel zu einem dauerhaft ebenen, und deshalb gut mikroskopierbaren Mikrostrukturrelief-Präparat, das sich platzsparend archivieren lässt. Diese Technik basiert auf dem Einlegen einer Schutzfolie (halbe Laminiertasche) wodurch die Lichtbrechung am Mikroreliefabdruck erhalten bleibt. Die HCl geätzten Kalziumkarbonatproben können zusätzlich mit klassischen Färbemethoden behandelt werden, um um ihren Kontrast zu steigern. Die beim Peelen mittransferierten Farbniederschläge erweitem zudem die qualitative und quantitative Aussagekraft des Reliefabdrucks und erreicht eine Qualität, die einem gefärbten Dickschliffpräparat ähnlich ist. Der Lamipeel erhebt jedoch nicht den Anspruch als Folienreliefabduckpräparat den faziellen Dickschliff ersetzen zu können.
Aufgrund seiner simplen Herstellungstechnik (auch für großflächige Präparate in DIN A4) kann der Lamipeel in zahlreichen Forschungseinrichtungen eingesetzt werden. Sowohl in der forschungsorientierten als auch in der angewandten geowissenschaftlichen Dokumentation von Proben, aber auch für Demonstrationszwecke als didaktisches Mittel an Universitäten und Museen hat dieses neue Präparat ein großes Anwendungspotential. Im Hinblick seiner digitalen Verwertbarkeit bietet der Lamipeel eine neue Möglichkeit, Datensätze zu produzieren, die beispielsweise zur dreidimensionalen Rekonstruktion von Strukturen, Gefügen und Texturen beitragen. Insbesondere für die Forschung an Karbonaten könnte die Lamipeeltechnik zukunftsweisend sein.
Werner Kraus, Lehrgebiet Geologie und Paläontologie/Lehrgebiet Geologie und Endogene Dynamik der RWTH Aachen